Feb 2011 4. februar 2011 / nr. 2 / kunst und auktionen 33 E s muss nicht immer Kaviar sein. Eines der, auf den ersten Blick, unscheinbarsten, aber gleichzeitig in- teressantesten, anregendsten und ungewöhnlichs- ten neuen Museen Londons liegt im Norden der Stadt, nahe Camden. Dem von Chalk Farm kommenden Be- sucher des Ortsteils Primrose Hill mögen jene handgemach- ten und auf billigem Karton und Holzbretter aufgemalten und aufgeklebten, an Laternenpfosten oder verbogenen Ver- kehrszeichen angebrachten Hinweisschilder erst gar nicht weiter auffallen, oder zu wenig attraktiv erscheinen – es lohnt sich aber, ihnen zu folgen. Es erwartet ihn ein typisches Londoner Kontrastprogramm, das lebhafte, ein wenig unge- pflegte Camden ums Eck, und dann eine geradezu idyllische Wohngegend, ein Dorf in der Großstadt, „leafy neighbour- hood“, Bäume am Straßenrand, malerische kleine Läden, Cafés (Abb.), Pubs wie bei Charles Dickens, weiße gehobene Mittelklasse, am Ende der Hauptstraße ein Ausläufer vom Regent’s Park (und übrigens Domizil des Miliband-Clans). Und dann, in einer kleinen Nebenstraße, verweisen neben der Gemeindebibliothek weitere handgemalte Schilder auf das Ziel, das Museum of Everything. Auf BBC Radio 4 lief vor einigen Jahren eine gleichnamige Sendung, die sich satirisch – „tongue in cheek“ – mit der Museumswelt auseinandersetzte. Was hierzulande gute Tra- dition hat, wie es nicht zuletzt auch das irrwitzige, und ima- ginäre Museum on Framley verkörpert (Webseitenbesuch unbedingt empfohlen: www.framley.com/museum). Ob sich nun der Museumsname auf die Sendung bezieht, und inwie- fern man sich tatsächlich nicht so ernst nimmt ist, sei nun einmal dahingestellt. Denn James Brett, Gründer des Muse- ums, hat eine andere Erklärung. Auf einer seiner Reisen, traf er auf der Isle of Wight einen jener typisch British Eccen- trics, einen englischen Sonderling, der eine alte Schule be- wohnte und die Turnhalle in eine – für den Uneingeweih- ten – ungeordnete Sammlung unzusammenhängender Objekte umfunktioniert hatte, eine moderne demokratische Wunderkammer. Die Kinder des Orts nennen sie The Muse- um of Everything. Die Isle of Wight ist ein durchaus pas- sender Platz für derartige Verbindungen. Julian Barnes sati- rischer Roman England, England handelt zum Beispiel vom Plan einer fiktiven britischen Regierung, die Insel in ein gi- gantisches Freilichtmuseum umzuwandeln und alle natio- nalen Denkmäler, Museen und Sammlungen hierher zu ver- frachten. Das Konzept des Museums in Primrose Hill hat seine Wur- zel im Phänomen der Pop-Up Shops. Freiwerdende Laden- flächen werden für einen begrenzten Zeitraum vermietet, woraus sich ein bunter Wechsel von Inhabern und Klientel ergibt. Das Ambiente ist für den normalen Museumsbesu- cher recht ungewohnt. Das Gebäude am Ende einer kleinen Sackgasse ist eine alte Lagerhalle oder Werkstatt, kombi- niert mit einem Flickwerk ehemaliger Wohn- oder Büroräu- me. Unglamourös, schäbig und jegliche Prinzipien von Labyrinthe london Museum of Everything Typische Primrose Hill – mit Wand- schmuck à la Banksy AUSSTELLUNGEN Zink Yi. Bis 6. 3. / Eva Schlegel: In Between. Bis 1. 5. / Bruno Kreisky porträtiert von Konrad Rufus Müller. Bis 29. 7. Museum Moderner Kunst MUMOK - Stiftung Ludwig Wien, Museumsplatz 1: Direct Art – Wiener Aktionismus im internationalen Kontext. Bis 29. 5. Theatermuseum, Lobkowitzplatz 2: Verkleiden, Verwandeln, Verführen – Büh- nenkostüme aus der Slg. des Österrei- chischen Theatermuseums. Bis 21. 10. Schweiz grAz Kunsthaus Graz, Lendkai 1: Anti/Form – Skulpturen aus der Slg. des MUMOK. Bis 15. 5. hohenemS Otten Kunstraum, Schwefelbadstr. 2: Schönheit als Notwendigkeit – Gewo- benes und Gemaltes aus der Slg. Otten. Bis 29. 7. innSBruck Tiroler Landesmuseum, Museumstr. 15: Johann Evangelist Holzer (1709–1740) – Maler des Lichts. Bis 13. 3. kremS Kunsthalle, Franz Zeller Platz 3: Daniel Hermitage, Nieuwe Herengracht 14: Alexander der Große. Bis 18. 3. Stedelijk Museum, Oosterdokskade 5: Monumentalism. Bis 1. 9. Den hAAg Gemeentemuseum, Stadhouderslaan 41: László Moholy-Nagy. Kunst des Lichts. Bis 1. 5. leeuwArDen Keramiekmuseum, Grote Kerkstraat 11: Kakiemon – Feinste Porzellankunst aus Japan. Bis 3. 4. rotterDAm Kunsthal, Museumpark, Westzeedijk 341: Museum der Moderne Mönchsberg, Mönchsberg 32: Menschenbilder – Aus der Slg. Bis 27. 3. Museum der Moderne Rupertinum, Wiener-Philharmoniker-Gasse 9: Schöne neue Welt – Neue Konzepte in der Österreichischen Photographie. Bis 3. 4. / Ilse Haider – Objekte und Photogra- phien. Bis 10. 4. wien Albertina, Albertinaplatz 1: Roy Lichtenstein. Bis 15. 5. / Der Blaue Reiter. Bis 15. 5. Kunsthistorisches Museum, Burgring 5: im Münzkabinett: Glanz des 4. februar 2011 / nr. 2 / kunst und auktionen 33 E s muss nicht immer Kaviar sein. Eines der, auf den ersten Blick, unscheinbarsten, aber gleichzeitig in- teressantesten, anregendsten und ungewöhnlichs- ten neuen Museen Londons liegt im Norden der Stadt, nahe Camden. Dem von Chalk Farm kommenden Be- sucher des Ortsteils Primrose Hill mögen jene handgemach- ten und auf billigem Karton und Holzbretter aufgemalten und aufgeklebten, an Laternenpfosten oder verbogenen Ver- kehrszeichen angebrachten Hinweisschilder erst gar nicht weiter auffallen, oder zu wenig attraktiv erscheinen – es lohnt sich aber, ihnen zu folgen. Es erwartet ihn ein typisches Londoner Kontrastprogramm, das lebhafte, ein wenig unge- pflegte Camden ums Eck, und dann eine geradezu idyllische Wohngegend, ein Dorf in der Großstadt, „leafy neighbour- hood“, Bäume am Straßenrand, malerische kleine Läden, Cafés (Abb.), Pubs wie bei Charles Dickens, weiße gehobene Mittelklasse, am Ende der Hauptstraße ein Ausläufer vom Regent’s Park (und übrigens Domizil des Miliband-Clans). Und dann, in einer kleinen Nebenstraße, verweisen neben der Gemeindebibliothek weitere handgemalte Schilder auf das Ziel, das Museum of Everything. Auf BBC Radio 4 lief vor einigen Jahren eine gleichnamige Sendung, die sich satirisch – „tongue in cheek“ – mit der Museumswelt auseinandersetzte. Was hierzulande gute Tra- dition hat, wie es nicht zuletzt auch das irrwitzige, und ima- ginäre Museum on Framley verkörpert (Webseitenbesuch unbedingt empfohlen: www.framley.com/museum). Ob sich nun der Museumsname auf die Sendung bezieht, und inwie- fern man sich tatsächlich nicht so ernst nimmt ist, sei nun einmal dahingestellt. Denn James Brett, Gründer des Muse- ums, hat eine andere Erklärung. Auf einer seiner Reisen, traf er auf der Isle of Wight einen jener typisch British Eccen- trics, einen englischen Sonderling, der eine alte Schule be- wohnte und die Turnhalle in eine – für den Uneingeweih- ten – ungeordnete Sammlung unzusammenhängender Objekte umfunktioniert hatte, eine moderne demokratische Wunderkammer. Die Kinder des Orts nennen sie The Muse- um of Everything. Die Isle of Wight ist ein durchaus pas- sender Platz für derartige Verbindungen. Julian Barnes sati- rischer Roman England, England handelt zum Beispiel vom Plan einer fiktiven britischen Regierung, die Insel in ein gi- gantisches Freilichtmuseum umzuwandeln und alle natio- nalen Denkmäler, Museen und Sammlungen hierher zu ver- frachten. Das Konzept des Museums in Primrose Hill hat seine Wur- zel im Phänomen der Pop-Up Shops. Freiwerdende Laden- flächen werden für einen begrenzten Zeitraum vermietet, woraus sich ein bunter Wechsel von Inhabern und Klientel ergibt. Das Ambiente ist für den normalen Museumsbesu- cher recht ungewohnt. Das Gebäude am Ende einer kleinen Sackgasse ist eine alte Lagerhalle oder Werkstatt, kombi- niert mit einem Flickwerk ehemaliger Wohn- oder Büroräu- me. Unglamourös, schäbig und jegliche Prinzipien von Labyrinthe london Museum of Everything Typische Primrose Hill – mit Wand- schmuck à la Banksy AUSSTELLUNGEN Zink Yi. Bis 6. 3. / Eva Schlegel: In Between. Bis 1. 5. / Bruno Kreisky porträtiert von Konrad Rufus Müller. Bis 29. 7. Museum Moderner Kunst MUMOK - Stiftung Ludwig Wien, Museumsplatz 1: Direct Art – Wiener Aktionismus im internationalen Kontext. Bis 29. 5. Theatermuseum, Lobkowitzplatz 2: Verkleiden, Verwandeln, Verführen – Büh- nenkostüme aus der Slg. des Österrei- chischen Theatermuseums. Bis 21. 10. Schweiz grAz Kunsthaus Graz, Lendkai 1: Anti/Form – Skulpturen aus der Slg. des MUMOK. Bis 15. 5. hohenemS Otten Kunstraum, Schwefelbadstr. 2: Schönheit als Notwendigkeit – Gewo- benes und Gemaltes aus der Slg. Otten. Bis 29. 7. innSBruck Tiroler Landesmuseum, Museumstr. 15: Johann Evangelist Holzer (1709–1740) – Maler des Lichts. Bis 13. 3. kremS Kunsthalle, Franz Zeller Platz 3: Daniel Hermitage, Nieuwe Herengracht 14: Alexander der Große. Bis 18. 3. Stedelijk Museum, Oosterdokskade 5: Monumentalism. Bis 1. 9. Den hAAg Gemeentemuseum, Stadhouderslaan 41: László Moholy-Nagy. Kunst des Lichts. Bis 1. 5. leeuwArDen Keramiekmuseum, Grote Kerkstraat 11: Kakiemon – Feinste Porzellankunst aus Japan. Bis 3. 4. rotterDAm Kunsthal, Museumpark, Westzeedijk 341: Museum der Moderne Mönchsberg, Mönchsberg 32: Menschenbilder – Aus der Slg. Bis 27. 3. Museum der Moderne Rupertinum, Wiener-Philharmoniker-Gasse 9: Schöne neue Welt – Neue Konzepte in der Österreichischen Photographie. Bis 3. 4. / Ilse Haider – Objekte und Photogra- phien. Bis 10. 4. wien Albertina, Albertinaplatz 1: Roy Lichtenstein. Bis 15. 5. / Der Blaue Reiter. Bis 15. 5. Kunsthistorisches Museum, Burgring 5: im Münzkabinett: Glanz des 4. februar 2011 / nr. 2 / kunst und auktionen 33 E s muss nicht immer Kaviar sein. Eines der, auf den ersten Blick, unscheinbarsten, aber gleichzeitig in- teressantesten, anregendsten und ungewöhnlichs- ten neuen Museen Londons liegt im Norden der Stadt, nahe Camden. Dem von Chalk Farm kommenden Be- sucher des Ortsteils Primrose Hill mögen jene handgemach- ten und auf billigem Karton und Holzbretter aufgemalten und aufgeklebten, an Laternenpfosten oder verbogenen Ver- kehrszeichen angebrachten Hinweisschilder erst gar nicht weiter auffallen, oder zu wenig attraktiv erscheinen – es lohnt sich aber, ihnen zu folgen. Es erwartet ihn ein typisches Londoner Kontrastprogramm, das lebhafte, ein wenig unge- pflegte Camden ums Eck, und dann eine geradezu idyllische Wohngegend, ein Dorf in der Großstadt, „leafy neighbour- hood“, Bäume am Straßenrand, malerische kleine Läden, Cafés (Abb.), Pubs wie bei Charles Dickens, weiße gehobene Mittelklasse, am Ende der Hauptstraße ein Ausläufer vom Regent’s Park (und übrigens Domizil des Miliband-Clans). Und dann, in einer kleinen Nebenstraße, verweisen neben der Gemeindebibliothek weitere handgemalte Schilder auf das Ziel, das Museum of Everything. Auf BBC Radio 4 lief vor einigen Jahren eine gleichnamige Sendung, die sich satirisch – „tongue in cheek“ – mit der Museumswelt auseinandersetzte. Was hierzulande gute Tra- dition hat, wie es nicht zuletzt auch das irrwitzige, und ima- ginäre Museum on Framley verkörpert (Webseitenbesuch unbedingt empfohlen: www.framley.com/museum). Ob sich nun der Museumsname auf die Sendung bezieht, und inwie- fern man sich tatsächlich nicht so ernst nimmt ist, sei nun einmal dahingestellt. Denn James Brett, Gründer des Muse- ums, hat eine andere Erklärung. Auf einer seiner Reisen, traf er auf der Isle of Wight einen jener typisch British Eccen- trics, einen englischen Sonderling, der eine alte Schule be- wohnte und die Turnhalle in eine – für den Uneingeweih- ten – ungeordnete Sammlung unzusammenhängender Objekte umfunktioniert hatte, eine moderne demokratische Wunderkammer. Die Kinder des Orts nennen sie The Muse- um of Everything. Die Isle of Wight ist ein durchaus pas- sender Platz für derartige Verbindungen. Julian Barnes sati- rischer Roman England, England handelt zum Beispiel vom Plan einer fiktiven britischen Regierung, die Insel in ein gi- gantisches Freilichtmuseum umzuwandeln und alle natio- nalen Denkmäler, Museen und Sammlungen hierher zu ver- frachten. Das Konzept des Museums in Primrose Hill hat seine Wur- zel im Phänomen der Pop-Up Shops. Freiwerdende Laden- flächen werden für einen begrenzten Zeitraum vermietet, woraus sich ein bunter Wechsel von Inhabern und Klientel ergibt. Das Ambiente ist für den normalen Museumsbesu- cher recht ungewohnt. Das Gebäude am Ende einer kleinen Sackgasse ist eine alte Lagerhalle oder Werkstatt, kombi- niert mit einem Flickwerk ehemaliger Wohn- oder Büroräu- me. Unglamourös, schäbig und jegliche Prinzipien von Labyrinthe london Museum of Everything Typische Primrose Hill – mit Wand- schmuck à la Banksy AUSSTELLUNGEN Zink Yi. Bis 6. 3. / Eva Schlegel: In Between. Bis 1. 5. / Bruno Kreisky porträtiert von Konrad Rufus Müller. Bis 29. 7. Museum Moderner Kunst MUMOK - Stiftung Ludwig Wien, Museumsplatz 1: Direct Art – Wiener Aktionismus im internationalen Kontext. Bis 29. 5. Theatermuseum, Lobkowitzplatz 2: Verkleiden, Verwandeln, Verführen – Büh- nenkostüme aus der Slg. des Österrei- chischen Theatermuseums. Bis 21. 10. Schweiz AArgAu Aargauer Kunsthaus, Aargauerplatz: Im Reich der Zeichnung – Bildwelten zwischen Traum und Wirklichkeit. Bis 25. 4. BASel Museum für Gegenwartskunst, grAz Kunsthaus Graz, Lendkai 1: Anti/Form – Skulpturen aus der Slg. des MUMOK. Bis 15. 5. hohenemS Otten Kunstraum, Schwefelbadstr. 2: Schönheit als Notwendigkeit – Gewo- benes und Gemaltes aus der Slg. Otten. Bis 29. 7. innSBruck Tiroler Landesmuseum, Museumstr. 15: Johann Evangelist Holzer (1709–1740) – Maler des Lichts. Bis 13. 3. kremS Kunsthalle, Franz Zeller Platz 3: Daniel Spoerri: Ein Augenblick für eine Ewigkeit. Bis 20. 2. / Nouveau Réalisme. Bis 20. 2. linz Lentos Kunstmuseum, Ernst-Koref- Promenade 1: Siegfried Anzinger. Bis 3. 3. Hermitage, Nieuwe Herengracht 14: Alexander der Große. Bis 18. 3. Stedelijk Museum, Oosterdokskade 5: Monumentalism. Bis 1. 9. Den hAAg Gemeentemuseum, Stadhouderslaan 41: László Moholy-Nagy. Kunst des Lichts. Bis 1. 5. leeuwArDen Keramiekmuseum, Grote Kerkstraat 11: Kakiemon – Feinste Porzellankunst aus Japan. Bis 3. 4. rotterDAm Kunsthal, Museumpark, Westzeedijk 341: Wim Oepts (1904–1988). Bis 3. 4. utrecht Centraal Museum, Nicolaaskerkhof 10: Utrecht träumt von Rom. Bis 31. 12. Museum der Moderne Mönchsberg, Mönchsberg 32: Menschenbilder – Aus der Slg. Bis 27. 3. Museum der Moderne Rupertinum, Wiener-Philharmoniker-Gasse 9: Schöne neue Welt – Neue Konzepte in der Österreichischen Photographie. Bis 3. 4. / Ilse Haider – Objekte und Photogra- phien. Bis 10. 4. wien Albertina, Albertinaplatz 1: Roy Lichtenstein. Bis 15. 5. / Der Blaue Reiter. Bis 15. 5. Kunsthistorisches Museum, Burgring 5: im Münzkabinett: Glanz des Hauses Habsburg. Bis 1. 4. Liechtenstein Museum, Fürstengasse 1: Zeremonien, Feste, Kostüme – Die Wiener Porzellanfigur in der Regierungszeit Maria Theresias. Bis 26. 4. / Das Prunkservice des Herzog Albert von